Ein pinkes Schiff auf hoher See
«Frauen sind wie Teebeutel – Du weisst erst, wie stark sie sind, wenn Du sie ins Wasser wirfst.» Eleanor Roosevelt (1884-1962), Diplomatin, Menschenrechtlerin und Ehefrau von US-Präsident F. D. Roosevelt
Das Logistikuniversum insgesamt, und sicher nicht minder die Galaxie der Reedereien, ist bis heute in weiten Teilen eine Männerdomäne geblieben. Viele Herren bedauern selbst, dass unsere Branche Damen leider noch nicht in ausreichendem Masse interessiert. Umso spannender ist es, auf das Zeugnis einer der «grandes dames» in unserem Sektor zu stossen.
Die Rede ist von der bislang in italienischer und englischer Sprache vorliegender Autobiographie «Il sogno de Cecilia/Cecilia’s dream» von Cecilia Eckelmann Battistello, die in Zusammenarbeit mit dem Mailänder Drehbuchautor und Filmemacher Aldo Innocenti entstand. Mit fast 50 Jahren Erfahrung im Transport- und Logistikgeschäft gehört sie unzweifelhaft der Generation der Pioniere an.
Ein Stern braucht seinen Entdecker. Im Fall der gebürtigen Veneterin Cecilia (wir adaptieren die durchgängige Namensgebung im Buch) handelte es sich um Angelo Ravano, Eigner und 1969 Gründer von Contship. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: Ein grosser Mann poltert in einer zufälligen Begegnung los und bietet der souverän Reagierenden einen Job an.
In den 1970er-Jahren nahm man sich noch Zeit dafür, das Geschäft von der Pike auf zu lernen – und neue Märkte mit jungen Leuten aufzubauen. Übrigens damals wie heute kein Zuckerschlecken, wie in der Darstellung schnell deutlich wird: Nach knapp zwei Jahren im Unternehmen hiess es bereits für Cecilia, das Mädchen für alles, ihre Sporen im östlichen Mittelmeer zu verdienen und das Geschäft von Contship neu zu organisieren. Dies bedeutete nicht nur die Erschliessung von Nischenmärkten, die gros-se Konkurrenten beiseite liessen, sondern auch Transporte unter bisweilen kriegerischen Bedingungen durchzuführen oder auch unsaubere Machenschaften mancher lokaler Agenten aufzudecken und auszubügeln.
Es waren Jahrzehnte des Aufbruchs eines vergleichsweise kleinen Reeder- und Terminal-Players, der es zu einem globalen Player brachte. Man erfährt etwas von Aus- und Aufbau der europäischen, transatlantischen und asiatisch-pazifischen Verkehre, mit originellen Ideen wie dem eigenen Restaurantboot «Il Punto» im britischen Ipswich. Verhandlungen an Konferenztischen mit der indisch-pakistanisch-britischen Schifffahrts-Konferenz gehören ebenso zum Erfahrungsspektrum wie die im Dschungel mit neukaledonischen Rebellenführern oder eine Begegnung mit Mutter Teresa inmitten des entstehenden indischen Containermarkts.
Der Leser erfährt etwas von der liebevollen Begleitung, aber auch strengen und bisweilen erratischen Führung durch einen echten Patron von altem Schrot und Korn, für den seine Mitarbeiter auch Familie waren. Der komplexe Verkauf an CP Ships 1997 und Eurokai 1999 wird nicht ausgespart. Schliesslich kommt die persönliche Geschichte einer modernen Frau hinzu, die Tabuthemen heutiger Tage wie z.B. eine Fehlgeburt offen anspricht.
Die sympathische Botschaft der Cecilia Eckelmann Battistello ist, dass eine weibliche Karriere in einer Männerwelt Raum dafür lässt, sich als Frau zu geben. So hat Cecilia der Garderobe, die sie an wichtigen Tagen trug, einen dauerhaften Platz in ihrem Kleiderschrank eingeräumt. In Erinnerung dürfte vielen auch das auf ihre Initiative ganz in Pink gehaltene erste Containerschiff von Contship sein, das 1992 die weibliche Hand am Steuer unterstrich – und ihre Werbewirkung erzielte.
Ein lesenswertes Werk, das nicht nostalgisch gute alte Zeiten beschwört, sondern lebensnah die Wege einer abwechslungs- und arbeitsreichen Karriere in der Schifffahrt mit der persönlichen Philosophie eines vielseitigen Menschen verbindet.