Drei Veteranen des ITJ über Branche, Titel und Akteure: Gute alte Zeiten?
Es ganz genau zu sagen, wäre unhöflich: Viel jünger als das ITJ ist jedenfalls keiner unserer drei bewährten Kollegen, die den Titel über viele Jahrzehnte in Redaktion und Verkauf begleitet haben. Jutta Iten, Eric Derrer und Jean-Claude Zulauf erinnern sich gern.
Zulauf: Schön, dass das 80 Jahr-Jubiläum des ITJ in einen Jahrhundertsommer fällt und alle Bermuda-Shorts tragen. Es war bei Franz Rittmann ganz anders, da haben wir im Büro mit Krawatte und Kittel gesessen – und geschwitzt.
Iten: Für Bewegung war immerhin gesorgt. Wir hatten zwar früh, dafür aber nur einen einzigen Computer mit Internet, der im 1. Stock im Redaktionsgebäude am Schützengraben stand. Wer ins Internet wollte, musste also hinauf- oder hinuntersteigen. Das wurde als grosse Investition und völlig ausreichend dargestellt.
Derrer: Es ging auch ohne Handy und Internet. In einem grossen Teil der Welt häufig vor Ort zu sein, dies war über Jahrzehnte der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Gesprächspartner waren oft aus der Chefetage, man nahm sich Zeit für die Dinge.
Iten: Das kann ich bestätigen! Auch die redaktionelle Anwesenheit wurde hoch geschätzt. Es bestanden bereits früh starke persönliche Beziehungen zu zahlreichen Ansprechpartnern. Man hat uns immer das Kompliment gemacht, die Regionen mit den Personen abzudecken, die Sprache und Kultur gut kannten.
Zulauf: Ganz am Anfang war die Bahntarifabteilung für den Aufstieg des Verlags entscheidend. Die Nachfrage nach Tarifen bedeutete die Auskunft über die kostengünstigste Supply Chain – führte man z.B. 40 t Fracht von Wien besser nach Triest oder doch über den Hafen Hamburg? Mit diesem Tarif konnten die Spediteure mit ihren Kunden und den Bahnen verhandeln.
Iten: Ohne Sprachen ging es aber auch nicht. Wir hatten in den 1960er Jahren einen hohen Aufwand im ITJ damit – Französisch und Englisch wurden über Nacht abgetippt, damit alle drei Sprachver-
sionen zeitgleich erscheinen konnten. Da hat die Digitalisierung viel vereinfacht.
Derrer: Es war auch spannend, Pionierarbeit im Aufbau der Märkte Mittlerer Osten und Fernost zu leisten. Der grosse Aufschwung in den 1980er Jahren gab entscheidenden Aufwind. Das Klinkenputzen war sicher ähnlich wie heute.
Zulauf: Von der Verkaufsseite aus hat sich aber doch einiges geändert. Die gros-sen Firmen sind weitaus präsenter und beherrschender als früher. Wir standen mit vielen Mittelständlern im Austausch, die ihre Nische hatten und kannten.
Iten: Frühere Zeiten waren bisweilen aber auch patriarchalisch. Franz Rittmann pflegte einen stark inhabergeprägten und persönlichen Stil. Heute ist die Beziehung zwischen «Chef und Fussvolk» viel enger. Dass sich die Jahresanlässe des Teams erhalten haben, macht mir bis heute besondere Freude.
Zulauf: Ich behaupte, im Top Management läuft das Geschäft noch wie vor 50 Jahren: Man wird im direkten Gespräch handelseinig – und hinterher gibt es ein Glas Champagner. Mit dem Internet verhandelt man nicht. Prost!
Derrer: Ich sehe das anders. Die Zeit der direkten Verhandlungen mit dem Patron ist vorbei. Die Logistik- und Transportbranche befindet sich in einem Strukturwandel und folgt neuen Strategien.